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Wann unrichtige Umsatzsteuernachweise zu keiner Steuerschuld führen

Donnerstag, 16 Feb, 2023

Ein Unternehmer, der Leistungen ausschließlich an nicht vorsteuerabzugsberechtigte Private erbringt, schuldet einen unrichtig ausgewiesenen Umsatzsteuerbetrag nicht.

Weist ein Unternehmer in einer Rechnung einen zu hohen Umsatzsteuerbetrag aus, so schuldet er diesen kraft Rechnungslegung und muss ihn an das Finanzamt abführen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat nun entschieden, dass dieser Grundsatz dann nicht zur Anwendung gelangt, wenn der Leistungs- und Rechnungsempfänger eine Privatperson ist.

Der Anlassfall

Anlassfall des EuGH-Verfahrens war ein Betreiber eines Indoor-Spielplatzes in Österreich, der seine Dienstleistungen mit dem Normalsteuersatz von 20 % und nicht, wie gesetzlich vorgesehen, mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 13 % verrechnete.

Mit dem Erkennen dieses Fehlers nahm der Betreiber eine Berichtigung der Umsatzsteuererklärung vor und beantragte die Rückerstattung der zu viel abgeführten Umsatzsteuer. Kunden des Indoor-Spielplatzbetreibers waren ausschließlich private Endverbraucher und somit nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte Nichtunternehmer. Die Verrechnung der Dienstleistung erfolgte über Registrierkassenbelege und damit über sogenannte „Kleinbetragsrechnungen“.

Eine Berichtigung dieser Kleinbetragsrechnungen war mangels Kenntnis der einzelnen Kunden und damit der Rechnungsempfänger unmöglich und wurde daher auch nicht durchgeführt. Das Finanzamt verweigerte die Veranlagung der berichtigten Umsatzsteuererklärung und damit die Festsetzung und Rückzahlung eines Guthabens daraus mit dem Hinweis auf die nicht erfolgte Berichtigung der Rechnungen gegenüber den Kunden.

Das Urteil des EuGH

Der EuGH widersprach der Rechtsansicht des Finanzamts. Die unionsrechtliche Grundlage für eine Umsatzsteuerschuld kraft Rechnungslegung kommt nach EuGH nur dann zur Anwendung, wenn durch den unrichtigen Umsatzsteuerausweis eine Gefährdung des Steueraufkommens über einen dadurch ausgelösten überhöhten Vorsteuerabzug entstehen kann.

Da es sich im gegenständlichen Fall bei den Leistungsempfängern allerdings ausschließlich um Endverbraucher ohne Recht zum Vorsteuerabzug handelt, liegt aufgrund des unrichtigen und zu hohen Umsatzsteuerausweises keine Gefährdung des Steueraufkommens vor, weil eben gar kein Vorsteuerabzug geltend gemacht werden kann. Die vom Unternehmer zu Unrecht in Rechnung gestellte Umsatzsteuer wird aus diesem Grund nicht geschuldet.

Die praktische Bedeutung dieses EuGH-Urteils

Diese rechtliche Beurteilung des EuGH gilt nur bei unrichtigen Rechnungen gegenüber Privatpersonen und nicht für Fälle eines unrichtigen Umsatzsteuerausweises bei Leistungen gegenüber vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmern: Denn sofern der leistungsempfangende Unternehmer ein Vorsteuerabzugsrecht hat und den unrichtigen Vorsteuerabzug grundsätzlich geltend machen kann, besteht nach EuGH eine Gefährdung des Steueraufkommens und hat damit die Umsatzsteuerschuld kraft Rechnung zu greifen.

Eine Umsatzsteuerschuld kraft Rechnungslegung hängt somit davon ab, ob der Leistungsempfänger Unternehmer oder Nichtunternehmer ist und ob dem Unternehmer das Recht auf Vorsteuerabzug grundsätzlich zusteht.

Tipp:
Eine faktisch unmögliche Rechnungsberichtigung gegenüber Privatpersonen führt aufgrund dieses EuGH-Urteils nicht mehr automatisch zu einer Umsatzsteuerschuld kraft Rechnung. Wer daher aufgrund organisatorischer Maßnahmen nachvollziehen kann, ob eine Leistung gegenüber einer Privatperson oder gegenüber einem Unternehmen erbracht worden ist, kann zukünftig Umsatzsteuerrisiken reduzieren.

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